Steinknacker, Pferdestärken und Maschinenträume
Das erste Knattern und Zischen des Tages tönt den Besuchern direkt nach Verlassen des Eingangsgebäudes in die Ohren. Regelmäßig spuckt die Dampflokomobile von 1913 dicke Rauchwolken aus, und wenn die Mannschaft des Museumsdorfes frisches Holz auflegt, zischt und rattert es gehörig. Über einen Treibriemen liefert die Lokomobile diesmal Energie an einen Backenbrecher. Der fahrbare Steinbrecher stammt aus den 1920er-Jahren und wenn er mit Backsteinen gefüttert wird, lässt er es ordentlich krachen. Heraus kommt Backsteinbruch, der beispielsweiser für Straßenpflaster wiederverwendet werden kann. „Der Steinknacker, wie er auch genannt wurde, stammt aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg“, erläutert der stellvertretende Museumsleiter Björn Thomann. „Das Museumsdorf hat ihn im Jahr 2002 übernommen und erst einmal überholt und instandgesetzt. Seit diesem Jahr kann er bei Vorführungen zum Einsatz kommen.“
Es ist schon eindrucksvoll, wie Maschinenkraft seit mehr als 100 Jahren den ländlichen Raum verändert hat, insbesondere die landwirtschaftliche Wirtschaftsweise. Am Göpel zeigen die Fjordpferde von Familie Kassebaum aber erst einmal, wie es ohne Maschinen in der Landwirtschaft zuging. Geduldig laufen Matz und Fricka im Kreis und treiben mit Muskelkraft die kleine Häckselmaschine an. Wobei Fricka immer wieder prüfende Blicke auf ihr Fohlen wirft. Die kleine Fjella ist erst sechs Wochen alt, lässt sich vom Knattern und Dröhnen ringsumher aber nicht aus der Ruhe bringen. „Sie war schon beim Tag der Tiere dabei und hat das Museumsdorf mit den Besuchern und den Geräuschen kennengelernt“, erzählt Inken Kassebaum.
Auch nebenan kommen Pferde zum Einsatz, hier wird naturschonend gemäht. Matthias Ahrens aus Dorfmark hat Flora und Franka mitgebracht, die den Doppelmesser-Grasmäher ziehen. „Das ist eine für Insekten und Amphibien schonende Methode, die insbesondere in Naturschutzgebieten eingesetzt wird“, erzählt er. Auch in städtischen Parks komme der Mäher wegen seines geringen Bodendrucks zum Einsatz. Und das Beste: er braucht keinen Sprit.
Das sieht bei den Maschinen der Oldtimer-Freunde aus dem Gerdautal schon anders aus: Klaus Burmeister hat seinen Massey Ferguson aus den 1960er-Jahren mitgebracht, der sich in eine lange Parade großer Maschinen einreiht. „Das Sammeln ist bei uns Tradition“, erzählt er, und auch das Restaurieren und Reparieren wird selbst erledigt. Da ist der Austausch mit Gleichgesinnten wichtig, ist er sich mit Jürgen Scharnhop vom Heimat- und Treckermuseum Niendorf I einig. Jürgen Scharnhop war vor 20 Jahren einer der Initiatoren des Treckertreffs in Hösseringen und schaut bis heute regelmäßig zum Fachsimpeln vorbei.
Nebenan plaudern Dierk Vollbrecht aus Langlingen und Manfred Köpsel aus dem Harz über die Vorteile vom Hanomag. Dierk Vollbrecht hat in seiner Familie die Umbrüche in der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg hautnah miterlebt. „Mein Opa hat noch mit Kühen gepflügt“, erzählt er. Ende der 1950er-Jahre habe man dann einen 12er Hanomag angeschafft, den habe er heute noch. „Doch seit Mitte der 1970er-Jahre hat sich die Landwirtschaft im Nebenerwerb nicht mehr rentiert. Die Trecker sind jetzt mein Hobby“, fasst er zusammen.
Jetzt wird es noch einmal so richtig laut, denn Klaus Dannenberg aus Westerweyhe wirft sein 350-PS-Triebwerk an. „Das war mal in einem Agrarflieger verbaut“, erzählt er, als sich der Dunst verzogen hat. Er habe es kurz nach der Grenzöffnung in Kyritz im Brandenburgischen gegen ein schnurloses Telefon eingetauscht, denn nach der siebenten Überholung war es ausgemustert worden. „Ich hätte auch ein Flugzeug haben können, das war mit aber zu groß“ schmunzelt er.
Und so vergeht der Tag der Landtechnik bei bestem Museumswetter, denn glücklicherweise erfüllt sich die Prophezeiung von Ralf Prahler nicht: „Tilda frisst Gras, da gibt es Regen“, meint er. Aber Tilda, das kleine Papillon-Hündchen, frisst wohl auch Gras, wenn es trocken bleibt. Ihr technikbegeistertes Herrchen nutzt den Tag, um in Erinnerungen zu schwelgen. „Ich bin beeindruckt, wie gut die alte Technik noch heute funktioniert“, sagt er.
Christine Kohnke-Löbert
Oldtimer-Motorsägentreffen