Meditation mit altem Handwerk
„Man kann grollig zum Kerzen ziehen gehen und kommt geläutert zurück.“ Behutsam nimmt Georg Zaja einen Teller mit Kerzenrohlingen zur Hand und taucht diese in einen großen Topf. Das Wachs darin ist heiß und flüssig und verbreitet vorweihnachtlichen Duft im kleinen Speisesaal im Haus am Landtagsplatz. Und so langsam lassen die Außentemperaturen ja auch den Gedanken zu, dass es gar nicht mehr so lang hin ist bis zum schönsten Fest des Jahres. So war es im Museumsdorf Hösseringen auch wieder an der Zeit für selbst gemachte Kerzen. Diesmal bot Georg Zaja aus Bienenbüttel seinen Gästen die Gelegenheit, neben kleinen Baumlichtern auch große dreiarmige Kerzen, wie sie in Schweden zum Luciafest durchs Haus getragen werden, herzustellen.
Aber beim Kerzen ziehen zählt nicht nur das Ergebnis. „Genauso wichtig ist der Prozess“, erläutert Georg Zaja sein Hobby, dem er schon seit mehr als 30 Jahren treu ist. „Das langsame Prozedere vom wiederholten Tauchen und den Rundgängen zum Trocknen bis hin zum Verzieren der fertigen Kerzen hat eine meditative Wirkung. Wer sich darauf einlässt, wird spüren, wie Stress nachlässt und Emotionen sich beruhigen.“ Auch dies möchte er seinen Gästen im Museumsdorf mitgeben. Und nebenbei ein altes Handwerk vorstellen. „So schöne Kerzen hatten die Bauern früher nicht“, erzählt er. „Sie mussten das Bienenwachs nämlich abgeben.“ Ihre eigenen Kerzen stellten die einfachen Leute aus Talg her, der aus dem Fett von Rindern und Schafen gewonnen wurde. So war der Spätherbst nicht nur Schlachtezeit, sondern auch die Zeit, in der Lichter für die dunkle Jahreszeit gemacht wurden. „Wahrscheinlich haben diese Talglichter ziemlich geräuchert“, meint Georg Zaja, der gerne selbst einmal welche herstellen möchte. „Aber dann draußen im Garten“, sagt er augenzwinkernd.
Christine Kohnke-Löbert