Fisch gegen Schwarzwalduhr
Ob die alte Schwarzwalduhr einstmals vom Kiepenkerl verkauft worden ist? Das wird wohl niemand mehr herausfinden. In den Besitz von Wolf Eberhard von Trotha ist sie jedenfalls durch einen Tauschhandel gekommen: „Wir haben im Herbst unsere Fischteiche abgelassen und ein Allgäuer Bauer hatte Interesse an den Jungfischen. Er hat mich gefragt, ob ich sie im Tausch für eine Uhr gebe und das haben wir dann gemacht“, erzählt er. So kam es, dass eine Schwarzwalduhr in die Heide und eine Kiepe Jungfische ins Allgäu wanderten. Wie der Bauer die Fische heil nach Hause brachte, ist allerdings nicht bekannt.
„Uhren aus dem Schwarzwald wurden früher von Kiepenkerlen in ganz Deutschland gehandelt“, weiß der Kunstsachverständige Klaus-Dieter Müller, der an diesem Sonntag wieder zum „Schätztag“ ins Museumsdorf Hösseringen gekommen ist. Oft waren die Händler monatelang unterwegs, eine Handelsform – mit der übrigens auch das große Unternehmen C&A einstmals seine Geschichte begann -, die heute im Wesentlichen vom Internet abgelöst ist.
Walter und Traute Lorenz aus Oldendorf haben ein großes Heidebild mitgebracht. „Da hat schon Hermann Löns durchgeschossen“, witzelt Walter mit Blick auf die beschädigte Leinwand. Die Beiden haben bereits geahnt, dass ihr Gemälde nicht unbedingt Kunsthallen-verdächtig ist, wollten aber Genaueres wissen. „Wir haben das Bild vor dem Wegwerfen gerettet. Es ist nichts Besonderes, aber uns gefällt es. Und deshalb kommt es wieder an die Wand“, sind sie sich einig. „Solche Bilder laufen heute unter dem Radar des Kunstmarktes“, bestätigt Klaus-Dieter Müller. Es wurde 1912 gemalt, damals wurden in Europa zuhauf Bilder für den Einrichtungsmarkt hergestellt. „Heute macht man das in China“, so der Sachverständige. In sogenannten „Painting Villages“ entstehen massenhaft Gemälde, gerne auch Kopien bekannter Werke. „Der Maler erhält für einen Van Gogh vielleicht einen Euro und muss dafür auch noch das Material kaufen“, erläutert Müller – und schon hat er ein entsprechendes Bild auf dem Tisch. Das großformatige Landschaftsgemälde mit aufwendigem Rahmen wirkt auf den ersten Blick wie eine europäische Arbeit des 19. Jahrhunderts und ist doch in den 1980er Jahren im fernen Osten entstanden. Thorsten B. aus Hösseringen hat es von seiner Großtante und konnte es bislang so gar nicht einordnen. „Man findet einfach keine Information zum Signet oder dem Herkunftsort“, erzählt er. Das kann Klaus-Dieter Müller bestätigen. Galerien in Deutschland kauften diese Bilder damals sehr günstig und verschleierten ihre Herkunft. „Teilweise versahen sie die Bilder sogar mit erfundenen Künstler-Biografien“, so Müller. Der bekannte Kunstfälscher Beltracchi sei da schon subtiler vorgegangen, er habe sogar alten Staub von den Keilrahmen penibel gesammelt, um sich vor der Aufdeckung zu schützen. Heute seien so viele Fälschungen in Umlauf, dass es bereits schwarze Listen dazu gebe.
Diese mussten im Museumsdorf allerdings nicht zu Rate gezogen werden. Wieder war die Liste der mitgebrachten Objekte vielfältig und reichte vom Terrakotta-Elefant aus Indien über maritime Druckgrafiken bis hin zum Schmuck aus Familienbesitz. Und wer nun Lust bekommen hat, einmal den Dachboden zu durchstöbern: Der nächste Schätztag ist für den Oktober geplant.
Christine Kohnke-Löbert