Museumsdorf wird barrierefreier
Die Idee wurde beim Kochen geboren: Verena Görke und Franziska Riedmiller waren mit einer Besuchergruppe aus einer sozialtherapeutischen Einrichtung im Museumsgelände unterwegs. Es wurde erklärt, geerntet, anschließend gemeinsam gekocht und „wir haben uns gedacht, dass es doch schön wäre, das Museumsdorf noch barrierefreier zu machen. So dass noch mehr Menschen an unseren Angeboten teilnehmen können“, erzählten die jungen Frauen – und machten sich an die Arbeit. Eine Führung in Leichter Sprache sollte in Angriff genommen werden.
Museumspädagogin Franziska Riedmiller kümmerte sich um Fördergelder, die „Aktion Mensch“ unterstützt das Vorhaben mit 4.060 Euro. Verena Görke war für die Inhalte zuständig. „Wir haben in die Führung Exponate eingebaut, die wir zeigen und herumgeben können“, erklärt sie, außerdem seien die Inhalte auf das Wesentliche gekürzt und in Leichte Sprache übersetzt worden. Geholfen haben ihr dabei auch Erfahrungen mit Führungen unterschiedlicher Gruppen. „Ich konnte dadurch einschätzen, welche Gebäude und Themen besonders gut geeignet sind und welchen Umfang die neue Führung haben sollte“, so Görke. Entstanden ist eine Führung in Leichter Sprache mit einer allgemeinen Einführung und Erläuterungen zu einzelnen Gebäuden. Auch ein Faltblatt, das im Eingangsgebäude erhältlich sein wird, wurde im Zuge des Projektes für die neue Zielgruppe entwickelt. Zudem fand eine Schulung für die Museumsführer*innen statt. Demnächst soll es losgehen, allerdings musste vor dem Start noch geprüft werden, ob das Konzept auch funktioniert.
Aus diesem Grund haben sich Kira Jacobsen und Frank Belling aus Hamburg, Prüfer*innen für Leichte Sprache, auf den Weg ins Museumsdorf gemacht. Sie sind beide auf den Rollstuhl angewiesen und bezeichnen sich selbst als „Menschen mit Lernschwierigkeiten“. Begleitet wurden sie von Anja Teufel, die sich als Prozessbegleiterin Inklusion und Übersetzerin für Leichte Sprache sehr gut mit dem Thema auskennt. „Das Projekt war gut vorbereitet. Ich war beeindruckt, wie schnell es umgesetzt wurde“, so Teufel. Gerade für Museen seien Angebote in Leichter Sprache eine Herausforderung, weil die zu beschreibenden Gebäude, Objekte oder auch Lebensumstände teilweise aus weit zurückliegenden Zeitepochen stammen. „In den vergangenen Jahren hat sich in diesem Bereich viel getan, aber der Bedarf ist immer noch riesig“, ist ihre Erfahrung. Für Anja Teufel, Frank Belling und Kira Jacobsen ist es der erste Besuch in Hösseringen und auch das erste Projekt in Zusammenarbeit mit einem Museum. „Hier wird ein tolles Gesamtpaket geboten“, sind sie sich einig. Fehlten Angebote in Leichter Sprache, wäre es für Menschen mit Lernschwierigkeiten oft sehr schwer, sich Informationen zu erschließen. „Früher wurde darauf keine Rücksicht genommen“, erzählt Kira Jacobsen. Erstrebenswert sei eine Vereinfachung in vielen Lebensbereichen, dafür setze man sich ein, etwa über den Verein W.I.R. e.V. oder eine Landesarbeitsgruppe, in der Frank Belling sich engagiert. „Grundsätzlich wäre zu überlegen, ob wir nicht alles etwas einfacher machen könnten. Das ist in jedem Bereich wichtig“, fasst Anja Teufel zusammen. Die Führung im Museumsdorf Hösseringen jedenfalls kam gut an bei den Prüfenden, die nun bestens informiert sind über das Imkerhaus und die Schmiede. Und auch der Feuerstülper im Haus aus Bahnsen hat seine Geheimnisse preisgegeben.
Christine Kohnke-Löbert
Führung Leichte Sprache