Aus der IT-Welt in die Vergangenheit
Aus der IT-Welt in die Vergangenheit – so etwa könnte man sich den Eintritt von Stefan Borchert in den „Unruhestand“ im Museumsdorf Hösseringen vorstellen. Der IT-Servicemanager arbeitet seit einigen Monaten ehrenamtlich im Freilichtmuseum – sein ganz persönlicher Weg in den Vorruhestand. „Bevor ich meinen Vorruhestand antreten kann, sind 1000 Stunden Ehrenamt abzuleisten. Wo ich dies tue, konnte ich frei entscheiden“, erzählt er. Auch das Tierheim habe in der engeren Wahl gestanden. „Aber dann traf ich einen ehemaligen Kollegen, der mir das Museumsdorf empfohlen hat.“ Und weil er die Themen des Museums spannend fand und Lust hatte, sich einmal intensiver damit auseinanderzusetzen, fiel Stefan Borchert die Entscheidung leicht. Bereut hat er es nicht, denn die Arbeit ist abwechslungsreich und im Team fühlt er sich wohl. „Ich war richtig begeistert, wie toll das das Museumsdorf ist und was mit der schmalen Personaldecke geleistet wird. Die Mitarbeiter sind sehr motiviert“, fasst er zusammen.
Stefan Borchert stammt aus Braunschweig. Nach der Schule absolvierte er eine Lehre zum Fernmeldehandwerker bei der Bundespost. Vor allem die Vielseitigkeit des Berufes hatte ihm gefallen. „Vom Verlegen von Kabeln bis zur Arbeit mit den Kunden war alles dabei“, erinnert er sich. Nach der Lehre galt es dann, bei Einsatzorten flexibel zu sein. Braunschweig, Wunstorf und Peine waren einige Stationen. Irgendwann stand Borchert vor der Wahl, weiterhin dem Fernmeldehandwerk nachzugehen oder als Beamter in den Innendienst zu wechseln. Er entschied sich für den Innendienst – doch was im ersten Moment ruhig und beschaulich klingt, brachte intensive Herausforderungen mit sich. Als erstes galt es, sich weiterzubilden. Dann übernahm er die Bauleitung großer Projekte, zunächst von Braunschweig aus, später wechselte er dann nach Uelzen. „Die Stadt kannte ich eigentlich nur als Station auf dem Weg zur Ostsee“, schmunzelt er. Immerhin gab es in Uelzen ein Callcenter, in dem auch nachts gearbeitet wurde – eine gute Voraussetzung für den Aufbau des neuen Mediums Internet. „Wir von der Deutschen Telekom wollten die Besten werden“, erinnert er an die damalige Aufbruchstimmung. Viele Mitarbeiter wurden eingestellt, denn insbesondere der E-Mail-Verkehr an die Deutsche Telekom wuchs rasant. Für Stefan Borchert war es der Einstieg in die IT-Welt. Eine Technik, die die Arbeitswelt wohl schneller verändert als jede Technologie zuvor. Nach einigen Umstrukturierungen arbeitete Stefan Borchert dann bis zu seinem Ruhestand viele Jahre für die T-Systems. Hier leitete er internationale Teams, welche Teile der IT großer Unternehmen betrieb. „Als IT-Servicemanager sucht man im Kraftdreieck zwischen Effizienz, Mitarbeiterführung und Prozessen den optimalen Weg für seinen Kunden, den Mitarbeitern und dem Projekt“, fasst er zusammen. Von dieser durchgetakteten Arbeitswelt habe er beim Dienstantritt im Museumsdorf erst einmal Abstand gewinnen müssen. Jetzt gilt es, statt der Datenautobahn die Wege im Freigelände sauber zu halten, Sturmschäden zu beseitigen oder auch historische Traktoren instand zu setzen. „Historische Maschinen sind schon immer ein Hobby gewesen“, meint er. Auch den Umzug des Museumslagers aus Dreilingen nach Böddenstedt hat Stefan Borchert begleitet. Und sollte einmal jemand auf der Suche nach dem passenden Ehrenamt sein – er würde immer das Museumsdorf empfehlen.
Christine Kohnke-Löbert