Spindel, Teufelsnagel und ein böser Wolf
In der kommenden Woche geht es im Museumsdorf Hösseringen märchenhaft zu: Mehrere Häuser des Freilichtmuseums verwandeln sich zu Schauplätzen bekannter Erzählungen der Gebrüder Grimm. In den Märchen spiegeln sich – neben dem Rätsel- oder auch Zauberhaften – oft die Lebensverhältnisse der einfachen Menschen in der frühen Neuzeit wider. Und diese waren vielfach von Entbehrungen geprägt. So begegnen die Gäste des Museums armen Kindern, Hexen und Wölfen, aber auch einer Prinzessin. Darüber hinaus erfahren sie Wissenswertes über die historischen Hintergründe der Märchen.
Die Ursprünge des Märchens „Frau Holle“ etwa reichen in die nordische Mythologie zurück. Hinter Frau Holle verbirgt sich die Göttermutter „Holda“, die im Gegensatz zum Göttervater Wodan als mild und wohlwollend beschrieben wird. Im Märchen wird ihre Rolle als Herrscherin über das Wetter widergespiegelt. Und wer weiß heute noch, dass das Märchen vom Rotkäppchen, dessen Ursprünge bis ins Mittelalter zurückreichen, früher ganz und gar nicht glücklich ausging? Die ältesten bekannten Fassungen endeten stets mit dem gewaltsamen Tod des armen Mädchens. Erst die romantisierende Überarbeitung der Brüder Grimm veränderte die Botschaft grundlegend: Nun wird dem Guten zum Sieg über das Böse verholfen und der Wolf erhält seine gerechte Strafe.
Besucherinnen und Besucher des Museumsdorfes können den bösen Wolf direkt am Bett der Großmutter überraschen. Frau Holle grüßt aus dem Fenster und das arme Gretel muss den Backofen anheizen. Auch Dornröschen und der Froschkönig dürfen nicht fehlen. „Wir fanden, dass das Ambiente des Museumsdorfes sehr gut zum Thema passt und haben uns überlegt, was wir dazu noch anbieten können“, erläutert Museumspädagogin Franziska Riedmiller. So sei die Idee entstanden, einige Märchen per Installation lebendig werden zu lassen. Zudem gibt es in der Märchenwoche eine Vielzahl an Begleitveranstaltungen für Erwachsene und Kinder, vom Schmieden eines Teufelsnagels bis zum Bau und Testen der eigenen Handspindel und dem Märchenspaziergang für die ganze Familie. „Bei jeder Aktion gibt es einen Bezug zu einem bestimmten Märchen, welches so vertiefend kennengelernt wird“, so Riedmiller, die unter anderem plant, mit einer Kindergruppe das Märchen von Hänsel und Gretel nachzuerzählen und ein Spiel daraus zu entwickeln.
In einer Themenführung wird der stellvertretende Museumsleiter Dr. Björn Thomann untersuchen, wieviel Legende und Wahrheit in den Märchen steckt und am Beispiel des Ochsenschädels am Brümmerhof Verweise auf Volksglauben geben. Wenn es am Märchenabend um „Leben und Arbeiten in Feld und Flur“ geht, kommen auch internationale Märchen zu Gehör. Beim Märchenspaziergang zum Abschluss stehen dann wieder die Grimmschen Erzählungen im Mittelpunkt, erzählt werden sollen dann jedoch die eher unbekannten Motive.
Die Märchenwoche mit Installationen, Märchenabend und Begleitveranstaltungen findet von Dienstag, dem 3. August bis Sonntag, dem 8. August im Museumsdorf Hösseringen statt.
Christine Kohnke-Löbert
Märchenwoche