Rollen ist leicher als Tragen
„Rollen ist leichter als Tragen“: Lachend läutet Björn Thomann die Glocke an einem alten Feuerwehrwagen und lässt Worten Taten folgen: Gemeinsam mit seinem Kollegen Tobias Heitsch schiebt der stellvertretende Museumsleiter die altehrwürdige Handdruckspritze in die noch recht kahle Sonderausstellungshalle des Museumsdorfes. Wobei das Feuerwehrgefährt eigentlich nicht viel anders aussieht als eine rot angestrichene Pferdekutsche. Allerdings sind links Schläuche zum Zusammenstecken und rechts lange Stangen als Griffe für die Handdruckpumpe angebracht, die ebenso wie die Messingglocke Zeugnisse aus der Anfangszeit der Freiwilligen Feuerwehr in der Lüneburger Heide sind.
Das Gefährt wurde von W. Holtzdendorf in Uelzen gebaut und stammt aus dem Jahr 1902. Bereits rund 100 Jahre später war es museumsreif. Zuletzt von der Freiwilligen Feuerwehr Wrestedt genutzt, wurde die Handdruckspritze vor einigen Jahren an das Museumsdorf Hösseringen übergeben. Normalerweise hat sie ihren Platz im Außenlager für Großmaschinen, doch dieses darf sie für die kommenden Monate verlassen und wird Besucherinnen und Besuchern im Rahmen der Sonderausstellung „Rollen ist leichter als Tragen. Fahrzeuggeschichten aus der Lüneburger Heide“ präsentiert. „Das Thema unserer Ausstellung ist ‚Mobilität auf dem Lande‘“, so Björn Thomann. Gezeigt werden Fahrzeuge, die entweder lokalhistorische Themen repräsentieren oder eine regionalspezifische Geschichte besitzen. Anhand mehrerer Themenblöcke werden unterschiedliche Aspekte aufgegriffen, so anhand eines Schäferkarrens aus dem Landkreis Celle beispielsweise das Thema Schafhaltung und Schäfer. „Schafe und Schnuckenherden prägen das Bild der Lüneburger Heide bis in die Gegenwart“, erläutert der Historiker. „Das Leben des Heideschäfers war allerdings bei weitem nicht so romantisch, wie es in der Literatur oft dargestellt wird.“ Der aus einem Häuschen auf Rädern mit Deichsel bestehende und früher wohl von einem Esel gezogene Karren gehörte dem Landwirt Ernst aus Jeversen. Er enthält eine Schlafstatt und einen Tisch, an der Wand hängen Schäferstab und ein Gewehr. Mit diesem Karren und seinen Tieren zog der Schäfer den gesamten Sommer lang über Land – ein schlichtes, aber vielleicht auch freies Leben.
Ein Schlaglicht auf den Alltag der Torfabbauer in der Lüneburger Heide wirft eine alte Lore aus Lüder im Landkreis Uelzen. Sie gehörte zum Torfwerk im Schweimker Moor, das noch bis 1990 in Betrieb gewesen ist. Nach der Stilllegung war sie vor Ort verblieben und ist im vorigen Jahr vom Museumsdorf übernommen worden – ein besonderes Exponat, denn die Lore ist von den Torfarbeitern zum mobilen Toilettenhäuschen umfunktioniert worden. Sie wird erstmals öffentlich gezeigt.
Für die Mechanisierung in der Landwirtschaft steht der Hanomag R 40, Baujahr 1946. Er stammt vom Gut Nienbüttel im Landkreis Uelzen und ist nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges auf Druck der britischen Besatzungsbehörde angeschafft worden – ein Zeugnis für die rasante Entwicklung landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte seit dieser Zeit.
In der neuen Sonderausstellung werden zudem Themen wie „Flucht und Vertreibung“ oder auch „Mensch und Vieh“ aufgegriffen. Die Ausstellung wird am 29. Mai eröffnet und bis Oktober 2022 zu sehen sein.
Christine Kohnke-Löbert
Restaurierung Holzschuppen