100 Jahre alt und immer noch im Einsatz
„Gäste, die aus Deutsch Evern kommen, sagen manchmal, dass sie die ganze Anlage genauso aus ihrem Ort in Erinnerung haben.“ Bedächtig rückt Eckhard Riekmann den dicken Holzstamm noch einmal zurecht, stellt die richtige Höhe ein, dreht an der großen Kurbel – und dann rattert die Horizontalsäge lautstark los. Auf schmalen Schienen rollt der Stamm vorwärts, direkt auf das breite Sägeblatt zu, dass sich tiefer und tiefer in das Holz frisst und von dem runden Stamm ein Brett abtrennt. Nach ein paar Metern schiebt Eckhard Riekmann einen Keil in die schmale Lücke, so dass das Sägeblatt ein wenig mehr Spiel bekommt.
Bevor das Sägegatter beim Handwerkertag in Dienst genommen werden konnte, musste allerdings ein Fachmann Hand anlegen. „Wir hatten einen Defekt, den wir nicht selbst beheben konnten“, erzählt der Ehrenamtler. Deshalb habe man Kontakt zu Firma Müller in Scheeßel aufgenommen, die auch tatsächlich ihren Mitarbeiter Manfred Garbers zur Unterstützung des Museumsdorfes schickte. Dieser machte die Säge für den Aktionstag wieder flott. „Über den Winter ist aber noch eine Generalüberholung fällig. Dafür ist es an der Zeit, denn diese Anlage ist seit gut 18 Jahren hier im Museum regelmäßig im Dienst und einige Teile müssen erneuert werden“, so Riekmann. Außerdem steht ein runder Geburtstag ins Haus: Das Sägegatter wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Gebaut wurde es 1920 von der Firma Müller in Scheeßel. Diese war 14 Jahre zuvor gegründet worden und baute ab 1918 Holzbearbeitungsmaschinen, vor allem Horizontal- und Vertikalgatter. Im Jahr 1947 erwarb Firma Heitsch die Anlage und baute sie in Deutsch Evern auf, wo sie noch viele Jahre in Betrieb war. „Schon beim Aufbau 1947 war wohl ein Originalteil des Antriebes kaputt. Deshalb hat man damals mit einem Ersatzteil improvisiert und das war nun abgenutzt“, weiß Eckhard Riekmann. „Immerhin hat das Provisorium mehr als 70 Jahre gehalten.“
2002 kam die Gattersäge schließlich ins Museumsdorf – und mit der Technik wurde auch die originale Einhausung transloziert. „Bei uns ist diese Technik längst museumswürdig, für die Firma Müller wurde sie in den 1980-er Jahren allerdings noch einmal interessant“, so Riekmann. Damals wurden derartige Anlagen aufgekauft und nach Afrika oder Asien, insbesondere Indonesien, verkauft, wo sie dank ihrer einfachen Technik vor Ort betrieben und auch repariert werden konnten.
Die Hösseringer Gattersäge wurde von Beginn an mit einem Elektromotor betrieben, möglich wäre aber ebenso eine Dampfmaschine oder ein Benzinmotor. Über breite Riemen wird die Kraft übertragen. „Für die Horizontalsäge reichen 12 PS völlig aus, der Kraftaufwand ist erheblich geringer, als etwa bei einer Vertikalsäge. Außerdem kann mit dieser Technik dickeres oder auch krumm gewachsenes Holz verarbeitet werden, weshalb Stellmacher gerne die Horizontalsäge genutzt haben – so auch in Deutsch-Evern.“
Eckhard Riekmann ist für das Museumsdorf ein Mann der erste Stunde. Er war von Beginn an dabei und betreut schon seit Jahren regelmäßig das Sägegatter. „Das ist ja eine überschaubare Technik, in die man sich gut einarbeiten kann“, meint der gelernte Tischlermeister – bevor er den nächsten Stamm in Augenschein nimmt. Das Holz, welches an den Aktionstagen genutzt wird, stammt vom Museumsgelände und auch die selbst gesägten Bretter werden vor Ort verarbeitet. So dient die historische Technik nicht nur der Anschauung, sondern darüber hinaus auch der Werterhaltung des Museumsdorfes.