Geschichten in Eisen gegossen
Das Museumsdorf Hösseringen hat eine Sammlung historischer Ofenplatten vom Bomann Museum Celle übernommen. Weil die Bestände in Celle sehr umfangreich sind und ein Teil abgegeben werden sollte, hatte sich das Bomann Museum kürzlich mit einer entsprechenden Anfrage nach Hösseringen gewandt. „Wir freuen uns sehr über diese Spende, es handelt sich um Platten aus der Region des ehemaligen Fürstentums Lüneburg“, berichtet der Dokumentar des Museumsdorfes, Marten Thomsen. Die Ofenplatten stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert und wurden vor allem in Eisengießereien im Harz hergestellt, der Transport erfolgte oft mit Schiffen flussabwärts.
„Die Platten sind vielfältig verziert, sie weisen weltliche oder biblische Motive auf. Weit verbreitet war die Darstellung der Wappen der Lüneburgischen Herzöge“, erläutert Marten Thomsen. „Auch Sagenstoffe wurden verarbeitet“. Thomsen weist auf eine Ofenplatte aus dem 17. Jahrhundert, die mit einem muskelbepackten Naturburschen mit wallendem Haar geziert ist. Es handelt sich um den „Wilden Mann“, eine seit dem Mittelalter gebräuchliche Darstellung von kräftigen, naturverbundenen Riesen. Man glaubt es kaum, aber der „Wilde Mann“ gehört als Schildhalter des herzoglichen Wappens in die Kategorie „welfische Platten“, die sonst meist mit den Herrschaftszeichen der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg, oft auch mit dem Sachsenross verziert sind.
Ein springender Löwe und ein Einhorn umrahmen beispielsweise auf einer Ofenplatte von 1744 das gekrönte Wappen des Welfenherzogs Georg August, der als Georg II. auch britischer König war. Der Sohn der unglücklichen „Prinzession von Ahlden“ war der Gründer der Universität Göttingen, die 1737 eröffnet wurde und gründete das heute noch existierende Landgestüt Celle.
Über dem Turnierkampf zweier Ritter nimmt eine Platte aus dem frühen 18. Jahrhundert Bezug auf die biblische Erzählung von Samson und Delila. Die bekannte Geschichte aus dem Buch der Richter erzählt, wie der israelitische Held Samson von seiner schönen Frau Delila seiner Kräfte beraubt und an die Philister ausgeliefert wird.
Den Mittelpunt einer Allegorie auf Krieg und Frieden bildet das Sachsenross, gekrönt vom Wahlspruch des Herzogs Christian Ludwig von Baunschweig-Lüneburg „Aufrecht und beständig“. Das Ross auf einer Platte aus dem 17. Jahrhundert wird von einem Krieger in der Rüstung der Zeit und einer Frau mit dem Olivenzweig flankiert. Darunter gehen zwei Bauern aufeinander los, einer von ihnen mit erhobenem Dreschflegel. Ein küssendes Paar stellt den Gegenpart zu ihnen dar.
So friedlicher Natur, wie es die Gestaltung der Ofenplatte glauben lässt, soll Christian Ludwig allerdings nicht gewesen sein. Seine Interessen lagen eher in der Vergnügungssucht und im Alkohol, er verstritt sich zuerst mit den Hannoveraner Bürgern und legte auch nach seinem Wechsel nach Celle im Jahr 1648 wenig Ehrgeiz in die Regierungsgeschäfte. Auch sein Nachfolger in Celle, Georg Wilhelm, genannt der „Heideherzog“, ist mit seinem Monogramm auf einer der Platten verewigt. Er war der Herzog, der zuerst dem Bruder seine Braut aufschwatzte und dann seine große Liebe, die Hugenotttin Eleonore d’Olbreuse, heiratete. Was für Geschichten – und an sie alle erinnert eine Sammlung von eisernen Ofenplatten, die nun dem Museumsdorf Hösseringen gehören.