Wo lag der Landtagsplatz?
Es war nicht nur der freie Eintritt, der am „Tag des offenen Denkmals“ zahlreiche Gäste ins Museumsdorf Hösseringen lockte. Auch die Führungen zum Thema Landtagsplatz, die in Zusammenarbeit von Museumsdorf und Kreisarchäologie angeboten wurden, ließen viele interessierte Besucher anreisen. Zunächst stellte der stellvertretende Museumsleiter Dr. Björn Thomann die Geschichte des seit einigen Jahren zum Museumsdorf gehörigen Landtagsplatzes – der eben nicht der Landtagsplatz ist – vor. „Die architektonische Anlage stammt von 1936 und befindet sich am originalen Standort. Das unterscheidet uns von anderen Museen“, so Thomann.
Der erste Forscher, der den Landtagsplatz auf dem heutigen Museumsgelände verortete, war Mitte des 19. Jahrhunderts Karl von Estorff. Er fand ein altes Großsteingrab und vermutete an dieser Stelle auch den berühmten Versammlungsplatz. Diese Deutung hielt sich hartnäckig.
1936 wurde der Platz von den Nationalsozialisten vereinnahmt. Uelzens Kreisbauernführer Georg Gloystein entwarf einen Versammlungsort als Denkmal für das „durch Adolf Hitler befreite Bauerntum“ mit einem Sitzstein für jeden Ort des Landkreises sowie Führertisch und Rednerpult. Zur selben Zeit wurden hier auch ein Wohnstallhaus aus Bahnsen und ein Treppenspeicher aus Bargfeld sowie das „Haus am Landtagsplatz“ wiedererrichtet. Thomann erläuterte, dass der Bautypus dieses Gebäudes in der NS-Ideologie die „Überlegenheit germanischer Baukunst“ widergespiegelt habe. Gloystein hatte zudem einen Aussichtsturm geplant, der aber nicht verwirklicht wurde, nachdem der Kreisbauernführer Uelzen im Streit verließ und in den Warthegau versetzt wurde. Er machte sich hier schwerer Verbrechen schuldig: Als Führer des „SS-Arbeitsstabes Turek“ ließ er polnische Grundbesitzer zwangsenteignen und wirkte an der Deportation der jüdischen Bevölkerung mit.
Nach der Führung im Museumsdorf ging es zur Hardauquelle im Speckgrund. Kreisarchäologe Dr. Mathias Hensch, der hier den Standort des Landtagsplatzes vermutet, stellte die aktuellen Forschungen vor. Neben jüngst erfolgten Ausgrabungen hatte Hensch eine geomagnetische Prospektion mit der Uni Hamburg durchgeführt.
Die von Hensch bearbeitete Fläche liegt an einem Quelltopf der Hardau. Es ist schon lange bekannt, dass die Landtage von 1532 bis 1652 im „Schoot bey Hösering“ stattfanden. Jüngste Forschungen belegen jedoch, dass die Tradition dieser Versammlungsstätte weitaus älter ist. Auch der Ortsname Hösseringen kann einen Hinweis darstellen: „ring“ kann auf altsächsisch als „Versammlung“ gedeutet werden „husa“ kann im Altsächsischen neben „Haus“ auch „Hausgemeinschaft“ im Sinne eines Personenverbands bedeuten. Die Hardau ist außerdem als erster Fluss, der nach Norden entwässert, eine wichtige Wegmarke. „Solche Plätze haben in der Regel eine lange Tradition. Wichtig für die Einordnung ist immer auch ein Blick auf die Landschaft“, so Hensch. Der Name des Quelltals als „Speck-Grund“ verweist auf einen Knüppeldamm und somit auf eine alte Infrastruktur und damit auf die Bedeutung des Ortes.
Die Forschungen zum Landtagsplatz gehen weiter – und Museumsdorf und Kreisarchäologie bleiben gemeinsam dran.
Christine Kohnke-Löbert
Tag des offenen Denkmals
- Vortrag auf dem Landtagsplatz, wo er bislang verortet ist
- Hensch und Thomann an der Grabungsstätte
- Vortrag an der Grabungsstätte