Aufmarsch am Heidehof
Zügig marschiert der Trupp Soldaten durch das Museumsdorf auf den schlichten Heidehof zu. Die schwarz-weiße Fahne flattert im Wind und die blauen Uniformen mit hellblauem Kragen geben Auskunft: Es handelt sich um eine Abordnung der Preußischen Landwehr aus der Elbprovinz. Wir schreiben das Jahr 1813 – und eigentlich haben die Soldaten neben den langen Gewehren gute Nachrichten im Gepäck: die Franzosen sind vertrieben. Preußische und russische Truppen haben sie in der Göhrde und bei Leipzig geschlagen, das Ende der jahrelangen Besatzung ist gekommen. Doch die Hofleute sind skeptisch. Zu Recht, denn der Aufruf der neuen hannoverschen Regierung ist eindeutig: alle wehrfähigen Männer werden zur Verteidigung eingezogen. Auch vor dem Kötnerhaus müssen die Männer des Hofes Aufstellung nehmen.
Zum ersten Mal fand an diesem Wochenende im Museumsdorf Hösseringen in großem Umfang „gelebte Geschichte“ statt. Zahlreiche Darsteller aus mehreren Vereinen trafen sich in der Lüneburger Heide, um das Jahr 1813 lebendig werden zu lassen. Mit Erfolg: Begeisterte Zuschauer verfolgten das Geschehen, manche brachten fundierte Kenntnissen der damaligen Ereignisse rund um die Befreiungskriege mit, andere ließen sich auf diese Weise neue Wege in die Heimatgeschichte eröffnen. Und an Dramatik ließen es die Darsteller nicht fehlen. Es gab Fluchtversuche, eine Hausdurchsuchung und mutige Verteidigungsversuche der Hausfrau, die die Soldaten mit dem Besen abzuwehren versuchte. Doch es fruchtete alles nichts, drei Männer werden eingezogen und lernen gleich an Ort und Stelle das Exerzieren. „Eigentlich war damals die Freiwilligkeit zur Verteidigung der Heimat groß. Man hatte keine Berufssoldaten, sondern arbeitete mit wehrfähigen Bürgern“, erläutert Marcus Van Veenendaal, der schon seit vielen Jahren in der Szene aktiv ist und den Zuschauenden die Details erklärt. „Alle dargestellten Geschichten können sich so oder ähnlich zugetragen haben. Unsere Gruppe gehört zur Preußischen Landwehr, die 1813 auch in der Schlacht bei Waterloo gekämpft hat.“
Wer sich dafür oder für die Schlacht in der Göhrde im Detail interessierte, konnte im Hauptgebäude zwei Vorträgen von Thorsten Morgendahl lauschen. Der Hamburger Sinologe punktete nicht nur mit seiner roten Uniform der „Königs Deutschen Legion“ (KGL), sondern mit fundierten Kenntnissen der dramatischen Ereignisse, die entscheidende Weichen für die europäische Geschichte stellten.
„Das war super informativ“, freut sich Ralf Bröse aus Berlin, der gerade in Bad Bevensen Urlaub macht und sich im Museumsdorf ein wenig an Kindertage bei Oma erinnert fühlt. Henry Wiemann vom Vorderladerclub Uelzen hat es besonders die Technik angetan. Sein Verein hat sich der Bewahrung alter Traditionen verpflichtet, so wie er es auch am Museumsdorf schätzt. Fachmännisch begutachtet er die Ausstattung der Aktiven, die alles selbst mitgebracht und teilweise sogar eigenhändig hergestellt haben. „Für die Uniformjacke musste ich sogar nähen lernen“, schmunzelt Marcus Van Veenendaal.
Viele Informationen zum Alltag beim Militär erhielten die Besucher im Zeltlager der Truppe beim Brümmerhof. Und auch der zivile Alltag konnte an mehreren Ständen erlebt werden, so etwa beim Wäschewaschen, Schmieden und Spinnen.
Christine Kohnke-Löbert
Gelebte Geschichte
- Aufstellung der wehrfähigen Männer, der Sohn des Hauses wird nicht eingezogen
- Hausdurchsuchung im Kötnerhaus
- Erlass der hannoverschen Regierung
- Die Hausfrau verteidigt ihren Hof
- Claudia Dietrich aus Berlin ist die Marketenderin und sorgt für das leibliche Wohl der Truppe
- Im Zeltlager am Brümmerhof
- Thorsten Morgendahl
- Markus Karelis aus Brandenburg
- Die Waffen reinigen