Von Geschichten und Geheimnissen
Jahrmarkttheater gastierte im Museumsdorf
Wenn einer ins Theater geht, dann meist mit der Erwartung, dass vorne etwas passiert. Man sitzt gemütlich in den Rängen und schaut sich das an. Nicht so beim Jahrmarkttheater. Das bewegt seine Zuschauer nicht nur geistig, sondern auch ganz real. Mit den Szenen wechseln oft auch die Standorte und der Zuschauer folgt dem Geschehen zu Fuß. Auf diese Weise begann auch der Theaterabend im Museumsdorf
Hösseringen: Oma Sanne begrüßte ihre Gäste vor dem Eingangsgebäude und dann ging es durch das abendliche Museumsdorf in Richtung Kötnerhaus. Unterwegs war Gelegenheit, die eine oder andere Geschichte über die Häuser am Wegesrand zu hören. Und so manches Geheimnis zu erfahren. Denn dies war das Thema des Abends: Geheimnisse. Die umgaben auch die vielen Gegenstände, die die Gäste, das Team vom Museumsdorf und die Theaterleute für den Abend mitgebracht hatten. Ob geschnitztes
Besteck, Kästchen mit Milchzähnen, weiße Schuhe oder der Klöppel einer Wasserspülung – all diese Gegenstände hielten her zum Geschichten erzählen. Und das taten nicht etwa die Theaterleute, sondern die Gäste, die unter der Leitung der Drehbuchautorin Corinna Gerhards selbst zu den Akteuren des Abends wurden. „Schreiben hat immer etwas mit Geheimnissen zu tun. Der erste Punkt beim Schreiben ist das Sehen. Aber wir nehmen uns ja gar nicht mehr die Zeit, die Geschichten hinter
den Dingen zu sehen“, so die Autorin. Als erstes ging es darum, den „inneren Zensor auszuschalten“ und mittels „Flash-writing“ zu beschreiben, was „mir heute morgen passiert ist“. Und das war allerhand. Vom Hochzeitsschuh, der in den Bach geworfen wurde über die Stricksocken und den Hund Lukas bis zur Geschichte der Klospülung und das Einflugloch eines Lüneburger Stülpers ließen die Gäste ihren Gedanken freien Lauf. Genauso im zweiten Teil des Abends, der der Gruppenarbeit vorbehalten war. Nach mehrfachem Tauschhandel ging es daran, die Gegenstände in den Geschichten zusammenzuführen. Oma Sanne tauschte sich derweil mit Museumsleiter Ulrich Brohm aus. Zum Beispiel über das Thema Blau, das nicht nur Oma Sannes Lieblingsfarbe ist, sondern früher einmal als Haus- und Wandanstrich sehr beliebt war. Und darüber, dass nicht jedes Geheimnis gelüftet werden kann und sollte. Aus einem aber machten die beiden kein Geheimnis: Dies war nicht der letzte Theaterabend im Museumsdorf Hösseringen.