Nicht nur zum Grillen gut
Der Kohlemeiler wurde geöffnet
Dicke Rauchwolken wabern über die blühende Heidefläche, ziehen über den kleinen Kartoffelacker und ihre Reste verteilen sich schließlich zwischen den Häusern und Straßen des Museumsdorfes. Grund zur Sorge gab es am Sonntag in Hösseringen aber trotzdem nicht und die Feuerwehr musste auch nicht ausrücken. Denn die Rauchwolke entsprang dem großen Kohlemeiler, der gut bewacht und nach einer Woche Brand nun ausgenommen wurde.
Die reiche Ernte der Holzkohle feierte das Museumsteam mit einem Köhlerfest. Möglich wurde dies dank des Engagements von Archäologe Arne Paysen, der bereits zum siebenten Mal eine Woche lang im Museumsdorf zu Gast war, um den Bau und die Funktionsweise eines Meilers zu dokumentieren und den Museumsgästen zu erläutern. „Inzwischen weiß ich, wie ein Meiler hier an diesem Standort funktioniert“, fasst er zusammen. In den sieben Durchläufen hat er gelernt, dass das Holz zur Seite des heidebewachsenen Trockentales schneller verkohlt als auf der gegenüberliegenden Seite. „Dort muss mehr geschaufelt werden und dort bricht auch der Meiler schneller ein, vermutlich, weil mehr Luftbewegung herrscht.“ Wurden in den vergangenen Jahren Nadelhölzer verkohlt, waren es diesmal Birken vom Museumsgelände, die zu nahe an den Häusern standen und ohnehin gefällt werden mussten. „Hier im Museumsdorf kann dauerhaft und nachhaltig mit dem eigenen Holz geköhlert werden“, sagt Arne Paysen, der immer wieder nach der Schippe greift, um Korb für Korb Kohle aus der rauchenden Glut zu holen.
Verköhlert wird im Museumsdorf grundsätzlich das eigene Holz. Das Interesse an dieser alten Arbeitsweise ist groß, und so kamen an diesem Sonntag nicht nur viele Gäste aus ganz Deutschland, sondern auch ein Fernsehteam, um die Arbeiten zu beobachten.
Verköhlert wird im Museumsdorf grundsätzlich das eigene Holz. Das Interesse an dieser alten Arbeitsweise ist groß, und so kamen an diesem Sonntag nicht nur viele Gäste aus ganz Deutschland, sondern auch ein Fernsehteam, um die Arbeiten zu beobachten.
Auch Familie Wedegärtner aus Faßberg ist angereist. „Ich habe 35 Jahre in Süddeutschland gelebt, stamme aber aus der Heide und nun sind wir wieder zurück gekommen“, erzählt Markus Wedegärtner. Besuche im Museumsdorf gehören zur Heimkehr selbstverständlich dazu. „Wir freuen uns, dass wir hier die Möglichkeit haben, die Welt von früher ein wenig kennenzulernen“, sagt Tochter Raphaela, „Weil so viel verloren geht. Mit den Berufen sterben ja nicht nur Fertigkeiten und Kenntnisse, sondern ganze Lebenswelten. Wir überlegen, wie wir mit neuen Technologien voran kommen und vergessen die alten Techniken, die doch viele Antworten parat halten.“ Es sei auch nicht dasselbe, sich das im Fernsehen oder im Internet anzuschauen, ist sich Irina Höss sicher: „Man muss das schon selbst gesehen, gefühlt und gerochen haben, um sich wirklich ein Bild machen zu können“, sagt sie.
Inken Adrian und Wiebke Meiwald sind aus der Oldenburger Gegend angereist. „Wir finden es wichtig, die Herstellungsweise von Dingen zu erleben, weil man sich darum meist gar keine Gedanken macht“, sagen sie. „Viele Alltagsgegenstände sind so selbstverständlich für uns und ganz einfach zu haben. Aber das war nicht immer so.“ Hier im Museum erkunden die Studentinnen, wie die Menschen früher ihr Leben organisiert haben – und erfahren zudem, dass Holzkohle nicht nur zum Grillen gut ist. „Holzkohle hat sehr viele Poren, mit denen sie viele Stoffe binden kann“, erzählt Arne Paysen. Deshalb wurde sie früher auch bei Vergiftungen oder Darmproblemen angewendet. Von dieser Wirkung der Holzkohle musste zum Glück kein Museumsgast Gebrauch machen.