Als der Mähdrescher die Felder eroberte
Studierende der Uni Osnabrück forschten im Museumsdorf Hösseringen
Als die Erfindung des Mähdreschers um 1900 von Amerika nach Deutschland gelangte, waren die hiesigen Bauern vom Nutzen dieser technischen Neuentwicklung keineswegs überzeugt. „Noch um 1920 lehnte man den Einsatz von Mähdreschern in Deutschland ab,
weil die Felder zu klein dafür waren. Man meinte zudem, dass die klimatischen Bedingungen nicht geeignet seien“, erläutert Lukas J. Er ist einer von acht Studierenden der Uni Osnabrück, die sich kürzlich drei Tage lang im Museumsdorf Hösseringen mit der Geschichte der Technisierung in der Landwirtschaft beschäftigten. Unter der Leitung ihres Dozenten Dr. Johannes Laufer nutzten sie die Exkursionstage, um im Rahmen einer Gruppenarbeit praktische Erfahrungen in der Recherche sowie der musealen Umsetzung
eines Themas zu sammeln. Neben einer Führung durch das Museumsdorf erhielten sie in Hösseringen Einblick in die Sammlungsbestände und die Originalquellen, die sie anhand konkreter Maschinentypen zur Erforschung der geschichtlichen Zusammenhänge nutzten. Zudem formulierten sie Vorschläge zur didaktischen Aufbereitung ihrer Erkenntnisse für eine spätere Ausstellung. „Diese Kooperation ist für beide Seiten eine Bereicherung“, betonte Museumleiter Dr. Ulrich Brohm. „Das Museumsdorf als außeruniversitärer Lern- und Bildungsort bietet an, den Umgang mit den Quellen zu erlernen und wir erhalten dafür Unterstützung in der Ausstellungsvorbereitung mit Blick von außen.“
Und so stöberten sich die jungen Leute durch Inventarblätter über Landmaschinen, Informationen über deren Vorbesitzer und studierten Arbeitsprozesse in der Landwirtschaft: Mähen mit der Sense, Binden von Garben, Dreschen mit dem Dreschflegel – Tätigkeiten, die in unserer Region nur noch aus den Geschichtsbüchern bekannt sind. „Um den heutigen Stand der Technik zu verstehen, ist es jedoch notwendig, die einzelnen Schritte auf dem Weg dahin vorzustellen“, sagt Alexander Honstein, „möglich wäre dies anhand von Modellen, die den Prozess der Erntetätigkeiten und die damit verbundene Entwicklung der Maschinen nachvollziehen lassen“.
Der Mähdrescher beispielsweise setzte sich in Deutschland erst nach dem Zweiten Weltkrieg durch, dann aber in rasantem Tempo. In den 1960er Jahren wurden bereits 80 Prozent der Flächen auf diese Weise abgeerntet. Der Arbeitskräftebedarf in der Landwirtschaft sank erheblich, während die bewirtschafteten Flächen immer größer wurden. „Für die Bauern war dieser Prozess nicht einfach, denn nicht jeder konnte sich die großen Maschinen leisten“, hat Daeborah Tönjes herausgefunden. „Letztlich war das Höfesterben der 1970er Jahre auch eine Folge der Technisierung in der Landwirtschaft“.
„Mir hat dieses Projekt geholfen, falsche Vorstellungen zu korrigieren und ein romantisches Bild von der Landwirtschaft zu entkräften“, fasst es Alexander Honstein zusammen. Und während das Museumsteam die Erkenntnisse der Studenten zur Vorbereitung einer geplanten Ausstellung zur Technisierung in der Landwirtschaft sammelt, planen Dr. Brohm und Dr. Laufer ihre weitere Zusammenarbeit. Dann wird es nicht nur um geschichtliche Inhalte gehen, sondern auch darum, neue Zielgruppen für die Ausstellungen des Museumsdorfes zu interessieren.