Wenn die Weihnachtskerzen…
Georg Zaja aus Bienenbüttel zieht seine eigenen Lichte
„Mit drei Farben ist es immer schwierig, die Temperatur zu halten.“ Georg Zaja nimmt seinen jungen Helferinnen die Kerzen aus der Hand und zeigt ihnen, worauf es ankommt. „Jetzt schnell eine Runde um die Herdstelle“, sagt er und Johanna und Jost Ole gehen mit ihren Dochten vorsichtig durch das Kötnerhaus. Johanna weiß schon, wie es geht, denn sie war bereits im Vorjahr beim Kerzenzieher. Jedes Jahr zum
Saisonschluss ist Georg Zaja mit seiner Kerzenwerkstatt im Museumsdorf Hösseringen zu Gast und zeigt allen, die es sehen möchten, wie auf traditionelle Weise Kerzen gezogen werden. „Wir machen das in der Familie seit mehr als 25 Jahren“, erzählt der 61-Jährige. Kennengelernt habe er das alte Handwerk während eines Dänemark-Urlaubs. „Das war eine Papa-Aktion für die Kinder“, schmunzelt er. Um des lieben Friedens willen habe er sich breit schlagen lassen, im Hochsommer Kerzen zu
ziehen. Leicht mürrisch sei er in der kleinen Werkstatt eingetroffen. „Ich habe die Dochte aufgefädelt und dann ging der Kreislauf los“, erinnert er sich. Nach der dritten Runde mit dem Docht merkte er, der Groll war verschwunden und nach der zehnten Runde begann es, Spaß zu machen. „Je dicker die Kerzen wurden, umso mehr Ruhe und Zufriedenheit brachte mir das. Damals hätte mich doch kein Mensch zum autogenen Training auf die Matte bekommen“, erzählt er. Für Georg Zaja wird das
Kerzenmachen sein ganz privates Training für den inneren Ausgleich. „Ich habe damit meine Meditationsmöglichkeit gefunden.“ Zehn Jahre lang werden vom dem ersten Kennenlernen an in jedem Urlaub fleißig Kerzen gezogen, immer in Blavand in Dänemark. Doch die kleine Werkstatt dort wird irgendwann zugemacht und Georg Zaja entschließt sich, sein Hobby mit nach Hause zu nehmen. Viel braucht es nicht, mit einem Topf, Dochten, einen Ziehteller und Wachs kann die kleine Werkstatt in Bienenbüttel starten. Das
Ganze spricht sich schnell herum und bald werden Wünsche an Georg Zaja heran getragen. Er geht nun auch auf Märkte, besonders in der dunklen Jahreszeit sind seine Kerzen begehrt. Der Historische Weihnachtsmarkt in Lüneburg hat es ihm besonders angetan. Produziert werde aber das ganze Jahr über, immer mal spontan, je nach Stimmungslage. Seine Fachkenntnisse hat Georg Zaja in Dänemark erworben. „In jedem Urlaub ist etwas hinzu gekommen“, sagt er. „Wenn man 30 Jahre lang an den gleichen Ort
fährt, baut man Freundschaften auf.“ So sei es mit der Kerzenzieherin gewesen und noch heute fertigt Georg Zaja seine Kerzen nach skandinavischer Art. „Die dreiarmigen Kerzen symbolisieren die Dreifaltigkeit, die Form kommt von einer alten nordischen Rune“, erklärt er.
Ins Museumsdorf kommt Georg Zaja schon seit zwölf Jahren. Hier stellt er jedes Jahr die einzelnen Arbeitsgänge des Kerzenziehens vor. „Zuerst wird der Docht aufgefädelt und im Schmelztopf versiegelt“, zeigt er. Vollgesaugt mit Wachs kann der Docht dann in den großen Ziehtopf getaucht werden. Nur zwei Zentimeter dick ist die Wachsschicht im Topf, darunter befindet sich warmes Wasser, das den Wachs weich hält. Wird der kalte Kerzenkörper ins heiße Wachs getaucht, bleibt eine dünne Schicht daran kleben und erst wenn diese ausgehärtet ist, kann die Kerze erneut getaucht werden – ein Vorgang, der viele Male wiederholt werden muss, je nachdem, wie dick die Kerze werden soll. „Bei 60 Grad Temperatur muss man zweimal tauchen, um einen Millimeter Dicke zu gewinnen.“ Georg Zaja taucht die noch sehr schlanke Kerze ein, um sie auf die passende Dicke zu bringen. „Das kann schon mehrere Stunden dauern, immer im Kreisverkehr rund um den Topf“, sagt er. Zum Schluss wird der Ziehtropfen abgeschnitten.
Die größte Kerze, die Georg Zaja je gemacht hat, war ein 25-armiges Arrangement zu einer Silberhochzeit. „Das war eine Tagesarbeit“, meint er. Das Wachs ist ein Gemisch aus Paraffin, einem Erdölprodukt, und dem Pflanzenfett Stearin. „Man kann auch noch 20 Prozent Bienenwachs dazugeben, dann gibt das einen schönen Farbton und riecht beim Verbrennen gut. Früher wurden Kerzen aus Rinder- und Schaftalg hergestellt.“ Dazu habe man Schmalz sehr lange gekocht. Durch die Hitze scheidet sich das Fett vom Wasser, das Wasser sackt nach unten und oben bildet sich die Talgschicht. Daraus wurden Lichte gemacht. Das Ganze fand weitab von den Gehöften in kleinen Hütten statt, denn es war eine brandgefährliche Sache. „Auf den Bauernhöfen war es üblich, seine Lichte selbst herzustellen“, weiß Georg Zaja, nur die Reichen hatten damals Bienenwachskerzen. „Ich würde gerne mal ein Experiment machen und selber Talglichte herstellen“, meint er. Vielleicht bietet sich im Museumsdorf ja einmal die Gelegenheit…