Wieviel ist genug?
Heute war Erntedank- und Kartoffelfest
Zum Ende hin öffnete der Himmel seine Schleusen und schickte den in der Region lange erwarteten Regen plötzlich im Übermaß. Das machte den Besuchern des Erntedank- und Kartoffelfestes im Museumsdorf Hösseringen aber nichts aus, denn sie hatten einen langen Tag mit wunderbarem Spätsommerwetter und vielen Erlebnissen hinter sich.
Fröhlichkeit, Mitmachen, gutes Essen, aber auch Dankbarkeit für ein gutes Erntejahr standen im
Mittelpunkt des Traditionsfestes im Museumsdorf, das wie in jedem Jahr von der Landjugend und dem Museumsteam gemeinsam ausgerichtet wurde. „Wieviel ist genug?“, fragte Pastorin Stefanie Arnheim aus Suhlendorf, die den musikalischen Gottesdienst im festlich geschmückten Brümmerhof hielt. „Diese Frage wird jeder unterschiedlich beantworten, je nachdem, worum es geht. Genug Zeit, genug zu essen, genug Geld, genug zum Leben – was zählt im Leben?“, so die Pastorin, die passend
zum Ort des Geschehens den Bogen aus der Vergangenheit ins Heute schlug. „Nur noch zwei Prozent der Menschen sind heute in der Landwirtschaft tätig“, verglich sie mit den in den vergangenen Jahren stetig gesunkenen Arbeitskräftebedarf in der Landwirtschaft mit früheren Zeiten. Und sie machte deutlich, dass Leben mehr bedeutet, als satt zu werden. „Diejenigen, die genug haben, sollen mit denen teilen, denen es nicht so gut geht. Wer sich auf das Prinzip der Solidarität einlässt und von dem
gibt, was er hat, der wird auch ein ‚Genug‘, eine Zufriedenheit mit dem Seinen erlangen“, so Pastorin Arnheim.
Nach der besinnlichen Rast im Brümmerhof nahm der Trubel rund um die historischen Häuser wieder an Fahrt auf. Familie Voltmer aus Steimke machte Station am Kartoffelrüttler, den ihre Jungs Claas und Leonhardt mit jeder Menge Kraftaufwand an der großen Kurbel in Gang setzten. „Die großen Kartoffeln fallen in die Säcke und die kleinen unten in den Korb“, weiß Leonhardt, der auch schon die große Dampflokomobile und die Dreschmaschine bestaunt hat. „Da wird das Korn gedroschen“, erzählt er. Und weil es so schön ist, möchte er seinen Geburtstag, der am 8. Oktober ist, später im Museumsdorf mit Freunden nachfeiern.
Daniel Jendrosch aus Nettelkamp ist derweil mit Sohn Damian auf dem Kartoffelacker unterwegs. Damian sammelt eifrig Kartoffeln und ist der Meinung, dass diese irgendwie anders aussehen, als die, die sonst zuhause auf den Tisch kommen. „So ein bisschen rot“, meint er, dazu muss aber erst einmal die Erde abgeputzt werden. Schwester Maja hat einen ganz besonderen Fund gemacht: eine rote Herzkartoffel. Noch lieber als Kartoffeln essen die Beiden allerdings Nudeln, wie sie zugeben. Nun muss Platz gemacht werden, denn der Kartoffelroder tuckert lautstark heran.
Hanni aus Lüneburg, die mit den Großeltern aus Böddenstedt unterwegs ist, zieht es lieber zu den Schweinen, denn die machen nicht so viel Lärm. Die beiden Bentheimer lassen sich aber auch gar nicht aus der Ruhe bringen.
Und während die Norweger-Pferde bedächtig den Göpel drehen, am Sägegatter dicke Stämme in schlanke Bretter zersägt werden, die Schrotmühle tuckert und die Häckselmaschine langes Stroh klein macht, leert sich die Kuchentheke der Landjugend Rosche-Wieren im Eiltempo. „Wir haben unsere Torten schon alle verkauft und der Kuchen ist auch gut weggegangen“, freut sich Maren Sidor, die mit 20 Leuten vor Ort ist. Gebacken haben die Jugendlichen selbst, nur der Butter- und Streuselkuchen wurde von der Bäckerei „Hamburg“ beigesteuert, erzählt Henrick Grafelmann.
Bevor der große Regen kommt, geht auch noch das letzte Stück Kuchen über die Theke – und dann kann eingepackt werden. Im nächsten Jahr wollen alle wieder dabei sein.