Lecker, auch wenn mal der Wurm drin ist
Viele Gäste beim Apfeltag
„Sie haben etwas ganz Schönes mitgebracht!“ Eva-Maria Heller ist begeistert. „Das ist kein moderner Apfel“, weiß die Pomologin aus Waddekath und schneidet den kleinen rot-gelben Apfel auf. Schneeweißes Fruchtfleisch, ein kräftiges Aroma und eine schmale Kelchröhre geben Hinweise, aber die Bestimmung bleibt knifflig. „Wo steht denn der Baum?“ geht die Recherche weiter und auch die Kerne werden in Augenschein genommen. „Die sind wie die
Fingerabdrücke beim Menschen“, erläutert die Expertin, doch bei dieser Apfelsorte muss sie erst einmal passen, wahrscheinlich haben ihre Gäste eine Sorte aus Hessen ins Museumsdorf Hösseringen mitgebracht. „Da bleiben wir dran“, sagt Eva-Maria Heller und greift sich die nächste Frucht zur Bestimmung. Diesmal ist sie sich sicher: „Das ist ein Freiherr von Berlepsch, diese Sorte hat einen sehr hohen Vitamin-C-Gehalt und hält sich bis Februar“, gibt sie Valerij und Nina Hensel aus Uelzen mit auf den Weg. Auch der
Duft der alten Apfelsorte übertrifft jede moderne Züchtung. „Moderne Sorten haben kaum Aroma und auch die Inhaltsstoffe sind weniger reichhaltig“, bricht sie eine Lanze für die alten Sorten.
Rund um den Apfel drehte sich gestern alles im Museumsdorf Hösseringen. Neben der Apfel-Bestimmung mit Eva-Maria Heller lud das Museumsteam zu allerhand Aktionen ein. Kinder durften die Saftpresse bedienen und den selbst gepressten Saft dann natürlich auch gleich
verkosten. Emma, Lena und Hanke probierten, wer beim Wettschälen am schnellsten ist, und im Kötnerhaus hatte Heike Dehrmann jede Menge Gäste beim Backen von Apfelpfannkuchen.
Im Backhaus nebenan haben Achim Denecke und Alfred Baumgart den großen Holzbackofen angeheizt. Die großen Bleche mit Apfel-Dinkelkuchen nach altem Rezept der Bohlsener Mühle stehen schon bereit. „Jeder Backofen hat seine eigene Technik“, weiß Achim Denecke, ein bisschen Geduld müsse man dabei schon mitbringen. Wenn die richtige Temperatur erreicht ist, wird die Asche herausgeholt und der Backofen mit der Bäckerfahne „ausgefeudelt“, dann können die Bleche rein. Wenn der Kuchen ausgebacken ist, warten noch Bratäpfel im Glas auf ihren Einsatz. Die haben die Landfrauen spendiert.
Klaus Peiler vom NABU und sein Kollege Werner Steinke haben an ihrem Stand jede Menge Apfelsorten aus allen Ecken des Landkreises ausgebreitet, überwiegend alte und inzwischen selten gewordene Sorten wie beispielsweise den Gelben Edelapfel. Sechs Jahre lang haben Peiler und seine Mitstreiter den Landkreis auf der Suche nach alten Apfelbäumen durchstreift. Den Schönherr von Croncels haben sie dabei entdeckt und den Purpurroten Kussinov, eine Sorte, die schon im Mittelalter bekannt gewesen ist. „Apfelsorten wie zum Beispiel der Rote Eiserapfel oder der Prinzenapfel sind bereits in historischen Quellen erwähnt“, weiß Klaus Peiler. Die Namen sind oft mit Standorten oder Züchtern verknüpft wie beim Uelzer Rambour oder dem Celler Dickstiel, manchmal nehmen sie aber auch Bezug auf Besonderheiten. So etwa beim Klöterapfel mit seinem großen Gehäuse, in dem die Kerne klappern. In den Supermärkten haben es solche Äpfel aber schwer, weil sie nicht ganz so makellos aussehen, wie die modernen Züchtungen. „Da ist schon mal der Wurm drin“, lacht Klaus Peiler, „aber dann weiß man wenigstens, dass die Äpfel nicht gespritzt sind.“ Mit seinen Mitstreitern hat er eine Liste der entdeckten Apfelbäume erstellt, die auch dazu dienen kann, Reiser für Nachzüchtungen zu entnehmen. Nur einen Baum kennt er noch nicht: Den Riesenboiken in Linden. Den hat Harald Obitz entdeckt und seit gestern kennt er auch die Sorte.