Kuhmist, Asche und Superphosphat
Beim Gang durchs Museumsgelände ist mir neulich ein altes Werbeschild am Landhandelsgebäude ins Auge gefallen: „Kräftige Saat – Superphosphat“ steht in dicken Lettern vor einer Szene, die einen Bauern darstellt, der seinen Acker mit einem Pferdegespann pflügt. Im Hintergrund liegt ein kleines Dörfchen, dessen spitzer Kirchturm in den Himmel ragt.
Natürlich macht so ein Schild neugierig: Superphosphat – was mag das als Dünger wohl bewirkt haben? Über viele Jahrhunderte war hier in der Heide der Dung des Viehs, insbesondere der Heidschnucken, der wertvollste Nährstoff für die mageren Äcker. Erst im 19. und 20. Jahrhundert setzte die Düngung mit mineralischen Düngemitteln ein. Justus von Liebig hatte um 1840 entdeckt, dass Stickstoff, Phosphate und Kalium das Wachstum befördern, diese Stoffe konnten jedoch noch nicht künstlich hergestellt werden. Deshalb begann man, um die Ernten zu steigern, Guano zu importieren. Es war bekannt, dass in diesen Exkrementen von Seevögeln Stickstoff enthalten ist. Allerdings sind die Guanovorkommen begrenzt und der Stoff musste aus Südamerika hergebracht werden, was teuer und aufwändig war.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kamen vermehrt industriell hergestellte Düngemittel auf den Markt. Dem voraus ging eine lange Zeit der Forschung.
In einem alten landwirtschaftlichen Buch von Wilhelm Lauche (1827–1883) über den Obstbau beschreibt dieser seine eigenen Experimente zur Verbesserung der Ernte. Wenn dem Boden die nötigen Nährstoffe fehlen, verhungern die Bäume, ist seine Erkenntnis. Weder der richtige Schnitt noch ansonsten eine günstige Lage können für ein gutes Wachstum und kräftige Früchte sorgen, wenn es dem Baum an Nahrungsmitteln fehlt. Wilhelm Lauche empfiehlt deshalb eine rationelle Düngung, die die dem Boden bereits entzogenen Nährstoffe wieder zuführt. Um die günstigste Düngemethode herauszufinden, hat er über einen Zeitraum von 20 Jahren Versuche unternommen und hierbei sieben Düngemittel in verschiedenen Gaben und Zusammensetzungen ausprobiert:
1. Kuhmist, 30 Kilogr.
2. Asche aus Laubholz, 2 Kg.
3. Superphosphat, 3 Kg.
4. Schwefelsaures Kali, 2 Kg.
5. Kuhmist und Asche, wie 1. und 2.
6. Asche und Superphosphat, wie 2. und 3.
7. Superphosphat und schwefelsaures Kali, wie 3. und 4.
Seine Zusammenfassung:
Die Düngemittel wurden in einer entsprechenden Menge Wasser aufgelöst und die Bäume dreimal, am 1. und 20. August und am 10. September, damit begossen.
Es ergab sich auch diesmal, entsprechend meinen früheren Versuchen, als Resultat, dass eine Verbindung von Kali mit Phosphorsäure (No. 7) am günstigsten auf die Blüthenbildung wirkt. Am wenigsten wirkte Kuhmist, Asche etwas mehr, die Wirkungen des Superphosphats waren gleich denen der Asche, die des schwefelsauren Kalis bemerkenswerther, die von Kuhmist und Asche noch nachhaltiger, als diese Stoffe einzeln gegeben; Asche und Superphosphat wirkte ähnlich. Am günstigsten schliesslich waren die Erfolge von Superphosphat (20 pCt. Phosphorsäure) und schwefelsaurem Kali (50 pCt, Kali).
Wilhelm Lauche war übrigens der Sohn des Schlossgärtners der Gräflich von Bernstorffschen Verwaltung in Gartow. Nach einer Ausbildung am Schlosspark in Ludwigslust arbeitete er in Erfurt, Hannover, Potsdam und in Belgien. Er gründete eine eigene Handelsgärtnerei und im Jahre 1869 wurde er zum königlichen Garteninspektor an die „Königliche Landesbaumschule und Gärtner-Lehranstalt“ bei Potsdam berufen. Von 1877 bis 1879 war er Geschäftsführer des Deutschen Pomologenvereins. Wilhelm Lauche ist Herausgeber der sechsbändigen Bücherfolge „Deutsche Pomologie“.