Im Felde, den 2.10. 1916
Sehr geehrte (Familie) Albers!
Leider muss ich Ihnen die traurige Nachricht übermitteln, daß Ihr lieber Sohn Wilhelm Albers im Stellungskampf bei Vw. Tannenfeld infolge Gewehrschusses in die Brust am 1. Oktober 1916 vormittags 11 Uhr den Heldentod für sein Vaterland gestorben ist.
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Er wurde mit allen militärischen Ehren unter Vorantritt der Regimentskapelle und unter Geleit seines Zugführers und vieler Kameraden auf dem Ehrenfriedhof R.I.R. 260 westlich Gekeli unweit Jelowka in einem Einzelgrage gebettet.
Wir betrauern mit Ihnen den so schmerzvollen Verlust Ihres lieben Sohnes und möge Sie der Gedanke trösten, dass er für uns alle, für unseren König und sein Vaterland gefallen ist. Im Geiste reiche ich Ihnen die Hand.
Leutnant und Kompanieführer Kerrl
P.S. Eine Fotographie des Grabes geht Ihnen zu, wenn dieselbe fertig gestellt ist.
Der Brief aus dem Felde, auf einem einfachen karierten Blatt aus einem Heft aufgeschrieben, wurde von einem Schreiber verfasst und mit Bleistift, vielleicht in Eile, von Leutnant und Kompanieführer Kerrl unterschrieben.
Ob es der Familie ein Trost gewesen ist, dass der Leutnant ihren lieben Sohn als ein „leuchtendes Beispiel an Pflichttun und Tapferkeit“ gelobt hat? Oder war das nichts als eine Plattitüde, die jedem Toten mitgegeben wurde? So viele Menschenleben wurden geopfert in diesem Krieg, der als der 1. Weltkrieg in die Geschichte eingegangen ist, und jedes einzelne ist eine Tragödie.
Das Schicksal des jungen Soldaten Wilhelm Albers aus Eppensen im Landkreis Uelzen ist uns bekannt, weil seine Angehörigen ihn nicht vergessen haben. In der Familie Albers wurden fleißig Postkarten geschrieben – ob aus einem Kuraufenhalt in Bad Nauheim, aus Ebstorf, Uelzen oder Hamburg oder zu den Festtagen des Jahres. So wie die Glückskarte zum Neuen Jahr mit Schweinchen und einem Dach aus Geldstücken, die vier Jahre vor Beginn des großen Krieges von der Großmutter aus Gerdau an die Angehörigen in Eppensen geschickt wurde. Man ließ von sich hören, grüßte und beglückwünschte sich, das war eine gute Familientradition.
Als diese überbordende Postkarte verschickt wurde, warf der Krieg bereits seine Schatten voraus.
Auch Wilhelm Albers war ein eifriger Schreiber, viele, viele Postkarten aus dem Feld bezeugen das. Seine Nachfahren, Familie Mohrmann aus Tätendorf-Eppensen, hat sie alle aufbewahrt, bis hin zum Brief mit der Todesnachricht. Nun gingen die Unterlagen an das Museumsdorf Hösseringen und werden im Rahmen der Vorbereitung der Ausstellung über den 1. Weltkrieg ausgewertet.
Immer kürzer werden Wilhelms Nachrichten auf den Postkarten, widersprechen der Stimmung von Heldenmut und Siegesgewissheit, die die Motive vermitteln sollen. Der junge Soldat ist scheinbar immer trauriger geworden. Ob er noch an einen Sieg geglaubt hat?
Wilhelm Albers ist vermutlich in den Stellungskämpfen an der Ostfront, vor Dünaburg, Vorwerk Tannenfeld, die von Januar bis Dezember 1916 andauerten, ums Leben gekommen.
Familie Bohrmann aus Tätendorf-Eppensen hat die Erinnerungsstücke nun an das Museumsdorf gegeben, wo sie im Zuge der Vorbereitung der Ausstellung zum ersten Weltkrieg bearbeitet werden.