Feingefühl auf zwei Beinen und vier Hufen
Vorsichtig dirigiert Dieter Kleiber die zwei braun-blonden Kaltblüter über den Parcours. Vor und zurück bewegen sich die großen Pferde und mit viel Feingefühl wird der lange Stamm bewegt. „Er liegt gerade und schwebt!“, stellt Moderator Gerd Aschoff freudig fest. Und Gespannführer Dieter Kleiber kann seinen Weg über den Hindernisparcours fortsetzen. Dieser ist auf dem Vorplatz des Museumsdorfes Hösseringen aufgebaut, wo am Wochenende die 3. Offene Niedersächsische Meisterschaft im Holzrücken stattfand. Am Samstag waren die Einspänner an der Reihe und am Sonntag traten – trotz wechselhaftem Wetter vor zahlreichen Gästen – die Zweispänner gegeneinander an. Dieter Kleiber und sein Duo Moritz und Milo haben nach der Waage nun den Schnuckenpfad erreicht. Mit bewundernswerter Ruhe manövrieren die Pferde samt beweglicher Fracht durch die von aufrecht stehenden Pfählen gesäumte schmale Gasse. Geschafft! Eine beachtliche Leistung, auch wenn nicht alle Hindernisse an Ort und Stelle geblieben sind. Moritz und Milo sind eben ein erfahrenes Team!
Die Niedersächsische Meisterschaft im Holzrücken findet alle zwei Jahre statt, nach Göttingen kamen die Aktiven in diesem Jahr nach Hösseringen. „Über die landwirtschaftlichen Arbeiten, die wir regelmäßig im Museumsdorf erledigen, waren wir schon seit einiger Zeit in Kontakt mit dem Museumsteam“, erzählt Marita Künnecke von der Interessengemeinschaft Zugpferde (IGZ), die den Wettbewerb ausrichtet. Insgesamt 20 Teilnehmer aus ganz Deutschland sind bei den Einspännern dabei, für den Wettbewerb der Zweispänner haben sich sechs Teilnehmer eingetragen. „Der Parcours spiegelt Situationen, die bei der Arbeit im Wald immer wieder auftreten, wider“, erläutert Künnecke. Schmale Wege, vorsichtiges Rangieren, umweltschonende Arbeit – dafür stehen die Rückepferde. „Diese Art der Waldarbeit nimmt wieder zu, insbesondere im Naturschutz“, weiß die Fachfrau. „Sie ist schonend nicht nur für den Baumbestand, sondern auch für den Boden, der durch große Maschinen stark verdichtet wird.“ Durchforstung und Landschaftspflege sind die großen Stärken der Arbeit mit Rückpferden – in Zusammenarbeit mit der maschinenbetriebenen Waldarbeit. „Wir liefern das Holz in Reichweite der Maschinen und diese holen es ab. So sind alle Gewinner“, fasst es Gerd Aschoff zusammen.
Aber nicht nur die technischen Fertigkeiten von Mensch und Tier stehen bei dieser Meisterschaft im Fokus, sondern auch der Umgang miteinander. Deswegen gibt es auch einen Fairnesspreis, der für besonders guten Umgang mit den Tieren verliehen wird.
Rückepferde gibt es in vielen Rassen und einige sind an diesem Wochenende in Hösseringen zu sehen: So Rheinisch-deutsche Kaltblüter und Percheron, Vlaams Paard, Belgische Brabanter, Noriker Haflinger Mix und viele weitere. Nur die großen Engländer sind nicht vertreten. „Viele Teilnehmer haben ihre Pferde privat ausgebildet“, berichtet Ingo Reimann, der Nordbeauftragte des Niedersächsischen Landesverbandes. „Hier in Hösseringen fühlen wir uns sehr gut aufgehoben und das Ambiente ist wunderbar.“ Das finden auch Dietrich Riebesell aus Salzhausen und Jürgen Pellnath aus Suderburg. Die beiden Senioren haben früher selbst mit Pferden gearbeitet und genießen das Spektakel. Dietrich Rebesell gewinnt am Schluss sogar noch einen Preis: Er hat die Anzahl der Leckerlies im großen Glas am Stand der IGZ gut geschätzt und den dritten Preis gewonnen. Der Sieger in dieser „Disziplin“ ist in Hösseringen ebenfalls kein Unbekannter: Dirk Kassebaum hatte den schärfsten Blick auf die Leckerlies.
Siegerin in der Gesamtwertung wurde Carolin Höner , die sich so für die kommende Deutsche Meisterschaft qualifizierte. In der offenen Klasse der Einspänner siegte Ines Bruchhold aus Sachsen, mit ihrem Vlaams Paard Hengst Carlos. Den offenen Zweispännerwettbewerb konnte Dieter Kleiber aus Aachen mit seinem Beligschen Brabanter Milo und dem Belgischen Kaltblut Moritz für sich entscheiden. Den Fairnesspreis erhielten Cynthia Schiemenowski im Einspänner Wettbewerb und Ines Bruchhold im Zweispänner Wettbewerb.
Christine Kohnke-Löbert
Holzrückemeisterschaft
- Europameisterin Ines Bruchold mit Camü und Carlos am Schieb den Lukas
- Dieter Kleiber mit Moritz und Milo
- Dicht am Geschehen verfolgen die Gäste den Wettbewerb
- Aktive bei der Siegerehrung