Eintauchen in das Leben vor 100 Jahren
Die Hände voller Seifenschaum werkeln Nala und Merle eifrig mit Fasern und Farben. Gemeinsam lernen sie, wie man einen Beutel filzt. Nebenan versucht sich Kai-Peter an der Nähmaschine, während Ison und Phoebe in der Schmiede lernen, wie man aus Eisen nützliche Dinge herstellt. Es ist Ferienfreizeit im Museumsdorf Hösseringen und Schülerinnen und Schüler aus den Gemeinden Suderburg im Landkreis Uelzen und Südheide im Landkreis Celle machen sich in dem kreisübergreifenden Projekt mit dem „Leben früher“ vertraut. Anhand verschiedenster Aktionen tauchen sie in das Leben auf dem Land in der Lüneburger Heide vor über 100 Jahren ein. „Sie kochen auf dem offenen Herdfeuer ein historisches Gericht, backen im Backhaus, lernen die Flachsverarbeitung und auch andere Gewerke wie die Schmiede und das Spinnen kennen. Diese lebenspraktischen Erfahrungen bieten Vergleiche mit ihrer eigenen Lebenswelt heute“, erläutert Museumspädagogin Franziska Riedmiller, die das Konzept entwickelt hat. Partner ist die Gemeinde Südheide mit dem Projekt „Offene Kinder-und Jugendarbeit“. „Wir arbeiten schon viele Jahre sehr gut mit dem Museumsdorf zusammen“, so der Vertreter der Gemeinde Südheide, Andrej Wilms. „Wenn die Kinder eine Vorstellung vom Leben früher bekommen, wenn sie mit den Arbeitsgängen in Berührung kommen und erfahren, was ihre Hände erschaffen können, dann ist viel erreicht.“
Und so sind dieser Tage unterm Göpeldach, wo sonst die Pferde ihre Kreise drehen, lange Tische aufgebaut, an denen Kinder die verschiedensten Tätigkeiten rund um Stoffe ausprobieren können. Nala und Merle haben mittlerweile einen kreisrunden Stoff mit bunten Mustern gefilzt. Die Suderburger Schülerinnen kennen sich schon aus der Grundschule. „Gestern haben wir im Museumsdorf alles angeschaut und dann gemeinsam gekocht“, erzählen sie. „Die Kartoffeln und das Gemüse haben wir selbst geerntet.“ Zubereitet wurde das Essen am Herdfeuer im Kötnerhaus. Die Häuser und das Freigelände des Museumsdorfes haben die Kinder im Rahmen eines Suchspiels kennengelernt. „Ich habe einen Haken zum Aufhängen von Töpfen gefunden“, freut sich Merle. Nala hatte es schon schwerer, auf ihrem Kärtchen war eine Zwiebel abgebildet, die nicht so einfach zu finden war. Aber schließlich hat sie sie auf dem Fensterbrett im Kötnerhaus entdeckt.
Kai-Peter aus Bohnstorf ist derweil mit dem Nähen eines Beutels für ein Tic-Tac-Toe-spiel beschäftigt. „Gestern haben wir überlegt, wie das Museumsdorf heißen soll“, erzählt er. Über den bisherigen Vorschlag „Das alte Dorf“ werde am Donnerstag gemeinsam entschieden. Denn auch dies ist Teil des Projektes: Die Kinder lernen Demokratie kennen. „Da die Jugendlichen in der Freizeit ein möglichst großes Mitspracherecht haben sollen, werden verschiedene Methoden der Beteiligung eingesetzt“, erläutert Franziska Riedmiller. „Alle Kinder können sich mit ihren Stärken und Interessen in das Projekt einbringen und leisten damit einen wertvollen Beitrag.“
Insgesamt 16 Kinder aus beiden Landkreisen haben an der Ferienfreizeit teilgenommen. Alle sind mit Eifer bei der Sache. So wie Ison aus Hermannsburg, der einen Schlüsselanhänger geschmiedet hat. „Es ist schön, mit den eigenen Händen etwas zu machen“, sagt er. „Früher war es besser für die Umwelt. Es gab nicht so viele Autos und die Menschen haben mit natürlichen Materialien gearbeitet. Das finde ich gut.“
Zum Abschluss der Ferienfreizeit, die durch „Museum macht stark“ gefördert wurde, fand am Sonntag das Dorfplanspiel „Taler, Taler, du musst wandern“ statt. An diesem Tag konnten Eltern und Angehörige der Teilnehmenden das Museumsdorf besuchen und erleben, was Ihre Kinder in der Ferienfreizeit geschaffen haben.
Christine Kohnke-Löbert
Spruchbalken
- Buchstabendetail
- 12 Meter umfasst der Spruchbalken
- Stechbeitel und Klopfholz
- Dr. Thomann und Dr. Brohm im Gespräch mit Katja Nitzsche