Taler und Stempel für altes Handwerk
In der Torscheune aus Thielitz ist das Rathaus untergebracht. Karl, Joost und Gabriel haben gerade Dienst, sie sind heute die Bürgermeister im Museumsdorf Hösseringen und geben Ausweise und Taler aus. Auch Lose stehen zum Verkauf. „Wir haben in drei Schichten Dienst“, erzählen die Jungs aus Hermannsburg, die heute den Abschluss ihrer einwöchigen Ferienfreizeit gestalten. Nach dem Dienst im Rathaus steht noch ein Einsatz in der Seilerei auf dem Plan. Ein Mittagessen und ausreichend Freizeit sind natürlich auch vorgesehen. Unter dem Motto „Taler, Taler du musst wandern“ können mit Arbeitseinsätzen Taler verdient und diese für die hergestellten Artikel auch wieder ausgegeben werden. Das „Dorfplanspiel für Kinder“, ausgerichtet vom Museumsteam und all den fleißigen Kindern und Jugendlichen, die in ihren Ferien eine Woche lang das Landleben in der Heide vor 100 Jahren kennengelernt haben, bot an zahlreichen Stationen die Gelegenheit zum Mitmachen oder auch zum Zuschauen. Neben den Eltern und Angehörigen der teilnehmenden Kinder waren viele weitere Gäste gekommen, insbesondere Familien. „Es ist ganz toll, dass die Kinder so etwas erleben können“, sagt Anne Renatus aus Hermannsburg, deren Sohn an der Ferienfreizeit teilgenommen hat. „Den Kindern hat es viel Spaß gemacht, aber es war auch anstrengend. Sie haben sehr viele Informationen mitgenommen über ein Leben mit einfacher Technik und ohne Internet und dabei gelernt, wieviel Mühe es macht, Dinge des täglichen Lebens herzustellen und Lebensmittel zu erzeugen.“
All dies konnte an diesem Sonntag auf vielfältige Weise ausprobiert werden: Beim Filzen und Färben, beim Nähen und Schnitzen, beim Schmieden und beim Ernten, beim Korn dreschen und Kochen und auch beim Transport mit den Ponys. In der Seilerei lernt Eskil aus Hermannsburg, wie man ein dickes Seil dreht. „Es ist schön, dass sich die Kinder verwirklichen können. Und auch, dass sie lernen, mit ihren Talern zu haushalten“, freut sich Mama Elin Stommer. Eskil hat nämlich schon Lose gekauft und seine Börse ist leer. Aber nur kurzzeitig, denn für das Seil drehen sind zwei Taler fällig. Und in der Schmiede möchte er auch noch arbeiten. Karl schaut derweil in der Nähstube zu, wie man Stoffe zusammennäht. Er möchte das auch ausprobieren. „Ich nähe einen Dinosaurier“, hat er sich vorgenommen. Im Brümmerhofgarten helfen Janne und Hannes aus Bahnsen bei der Ernte. Auch die Schubkarre mit Stroh wird eifrig herbeigeschoben. Schon ist der Pfad im Zwiebelbeet gereinigt und frisch ausgestreut. „Mit dem Garten kenne ich mich gut aus“, erzählt Hannes. Der Zwölfjährige züchtet zuhause gerne Pflanzen und hat seine Tomaten selbst vorgezogen. „Manchmal muss man düngen, aber nicht zu viel“, fachsimpelt er. Mama Mareike Witte freut sich, dass die Angebote für Kinder ausgebaut worden sind. „Wir sind Mitglieder des Museumsvereins und kommen regelmäßig“, sagt sie. „Gerade die praktischen Angebote sind wertvoll. Es ist wichtig, dass die alten Handwerkskünste an kommende Generationen weitergegeben werden. Nicht alles geht per Computer.“ Mit den Händen arbeiten und das Geschaffene anschauen, mitnehmen oder auch aufessen – das haben an diesem Tag viele Kinder erleben können. „Ein wichtiges Ziel für die Jugendlichen ist, dass sie durch das Mitwirken an einer Veranstaltung Vertrauen in eigene Fähigkeiten und in ihre Gestaltungskraft gewinnen. Zugleich sollen sie ihr regionales Museum als einen lebendigen Ort erleben, wo sie selber Projekte umsetzen und eine gute Zeit verbringen können“, fasst Museumspädagogin Franziska Riedmiller zusammen. Gefördert wurde das Projekt durch „Museum macht stark“.
Christine Kohnke-Löbert
Spruchbalken
- Buchstabendetail
- 12 Meter umfasst der Spruchbalken
- Stechbeitel und Klopfholz
- Dr. Thomann und Dr. Brohm im Gespräch mit Katja Nitzsche